Lehrerzimmer

Gespannt verfolgte Natsuki das geschehen und war sichtlich geschockt über diese Geschichte. Das ist ja..Furchtbar!, meldete sich sich zwischendurch zu Wort. Als er sie fragte, wie es ihr ging, wusste sie nicht recht, wie sie antworten sollte. Naja, ich hatte zweimal diese Nacht Todesangst, sonst fehlt mir nichts.., gab sie letzten Endes zur Antwort und zuckte beiläufig mit den Schultern. //Armer Kerl..//, ging es ihr noch einmal durch den Kopf und sie blickte den Wandler ihr gegenüber mitleidig an. //Solche Szenen erlebte ich auch öfters, aber naja, die Flucht ist als Wolf wohl schneller, als als Schlange. Außerdem finde ich die Gestalt der Schlange ziemlich unangenehm..//, fügte sie gedanklich hinzu und blickte den Kollegen erwartungsvoll an, dass er das Gespräch fort führte.

Haben sie mal mit einer Machete gespielt? Das sind hundsgemeine Dinger. Ich hab aber nichts gegen Hunde! versicherte er eilig. Vor zwei Jahren war ich gezwungen, an einem Kampf gegen Eingeborene teilzunehmen, in Südamerika im Wald. Tja. Meine Truppe wurde aufgerieben, wir waren eine kleine Expedition. Ich sprang ins Wasser und tauchte einige Stunden unter. An dieser Stelle wand sich mitmal eine blaue, schuppige Schlange mit grauen und braunen Streifen vor Natsuki am Boden, stellte ihre Hautlappen auf und entblößte schmale Kiemen. Ihr Ende war unheimlich stumpf und plötzlich, als würde ein Stück fehlen. Alsss ich wiieder auuftauuchteee, waaaren diiie Feiiinde dennooch immernoooch daaaa! zischte die Kreatur mit beißend hoher Stimme. Eine halbe Minute stand wieder, schwer atmend, der Mann vor Natsuki, auf seinen Stock gestützt. Sie hielten mich wohl für ein gewöhnliches Tier und ... wollten mich essen. Ich wich dem Todeshieb aus, und er trennte mir das Ende meines Schlangenleibes ab. Die Auswirkungen fühle ich leider nur als Mensch... und als Schlange, gewissermaßen. Mein Orientierungssinn ist gestört, ich hinke, laufe öfters mal gegen die Wand oder Türpfosten... und wie geht es ihnen?

//Ein begeisterter Redner..Das sieht man nicht alle Tage..//, dachte sich Natsuki und musste unwillkürlich an ihren Schüler Samiel denken, welcher nicht gerade gesprächig war. So, so..Da haben Sie recht, stimmte die junge Lehrerin ihm zu und musste unwillkürlich kichern. Langsam merkte sie, wie unhöflich sie war, und verwandelte sich blitzschnell zurück in ihre menschliche Gestalt. Entschuldigen Sie meine Unhöflichkeit. Jedenfalls.., begann Natsuki bis ihr der Stock auffiel, auf welchen sich ihr Gesprächspartner und Kollege stützte. Was haben Sie denn mit ihrem Bein angestellt?, wollte sie deshalb wissen und blickte den Lehrer fragend an.

Der andere Gestaltwandler, der mit Enttäuschung sehen musste, dass sein Kamerad, oder seine Kameradin, nicht die Höflichkeit besaß, sich ebenfalls zu verwandeln. Neugier, mein Freund, Neugier. Selbst habe ich eine ausgewogene schulische Bildung genossen, nun treibt mich das Verlangen, auch anderen mein Wissen, dass ich in der Schule und in der Welt erlangt habe, mit ungeduldigen, quengligen Rotzlöffeln zu teilen. Ist es nicht das, was uns alle antreibt? Nichts ist unschuldiger als die Jugend, und eben darum sollten wir uns um ihren Erhalt und ihre Pflege kümmern, wie um zwarte Blumen, die liebevoll begossen werden. Nur, dass wir sie nicht begießen... sollten... Das letzte WOrt murmelte er, denn es war ihm öfters passiert, dass er unsittsame Dinge mit Jugendlichen getan hatte, die nicht in seiner Altersklasse waren. ,sondern sie mit unserem Wissen bereichern, das wir uns im Schweiße unseres Angesichts, wie es in der Bibel heißt, angeeignet haben. Sie wissen ja, wie Goethe sagte: 'Alles zu seiner Zeit! Der Narr wird gescheit, der Junge wird alt, das Warme wird kalt...' ... aber wie ich schon sagte, das wissen sie ja! endete er seinen begeisterten Monolog mit einem breiten, freundlichen Lächeln.

Natsuki blieb unbeeindruckt von der Verwandlung ihres Gegenübers. Arcanas, wie er sich ihr vorstellte, hielt ihr die Hand als Gruß hin, doch Natsuki schnüffelte nur einmal kurz daran. Sie konnte als Wolf doch so viel mehr Gerüche wahrnehmen, als in der Gestalt eines Menschen. Sie setzte sich sichtlich entspannter, zog es jedoch vor, mit dem Fremden in ihrer momentanen Gestalt zu kommunizieren. Sehr erfreut. Ich bin Natsuki Miyazaki, Lehrkraft für Mythologie im Bereich Europa und Japan, und Lehrkraft für das Fach Drachenkunde um Bereich Flugwesen jeglicher Art., sprach die junge Wandlerin und schaute den nun Menschen musternd an. Was treib Sie auf so eine sonderbare Schule?, wollte die junge Frau wissen und blickte den Gleichgesinnten aus bernsteinfarbenden Augen entgegen.

Der Leopard, der auf die Tür gestarrt hatte, bekam einen menschlichen Arm (im Austausch gegen die linke Pfote) und zog die Pfeife aus dem Maul. (klingt unästhetisch) Na, wen haben wir denn da? fragte er erstaunt. Er vollendete die Verwandlung zum Mensch und ging auf den Wolf zu, wie immer auf den Stock gestützt, was wenig zu seinem sonst sehr jungen Äußeren passte. Er nahm den Stock in die andere Hand und hielt dem anderen Tier die Hand entgegen, wie zum Gruß zwischen Menschen. Gestatten Sie, Arcanas Karazhan, Lehrer an dieser Institution! Er erkannte einen Wandler, wenn er einen sah, an den Naturgeistern, die er als Druide spürte. Der eines Wandlers war nicht exakt der eines Tieres, denn der Verstand bleib menschlich.

Cf: Bibliothek

Natsuki kam endlich an Lehrerzimmer an und schloss dieses auf, damit sie eintreten konnte. Sofort schlug ihr der Geruch eines anderen Wesens entgegen und sie verwandelte sich in Windeseile in ihren altbekannten Wolf, welcher sein Fell drohend aufstellte und sich umschaute. Bald entdeckte sie einen Leoparden in der Ecke sitzend, welcher anscheinend Pfeife rauchte und sich entspannte. //Wer ist denn das? Ein weiterer Wandler?//, fragte sich die junge Lehrerin innerlich und tapste vorsichtig näher, während sie langsam ihre Lefzen anhob und ihre Reißzähne zeigte.

cf: Flur des Wohntrakts.

Soso... hier ist das Lehrerzimmer... schwer zu finden. Der Lehrer schloss die Tür hinter sich ud blickte sich um. //Kaffeemaschine, Kühlschrank, gammlige PCs... wie gewohnt. Sehr gut. Also nichts besonderes, aber nicht zu erbärmlich.// Er sah keinen anderen Lehrer, darum setzte er sich zunächst hin und versuchte einen Kaffee zu trinken. Es schmeckte ihm nicht, wie immer, darum stopfte er seine Pfeife und rauchte ein paar Züge, während er gemütlich als Leopard den Raum erkundete, um wenigstens anhand des Geruchs zu erahnen, wie viele Leute hier gewesen waren. //Nur drei Lehrer... oder kaum mehr...// dachte er verwirrt und peitschte ungeduldig mit dem Schweif. Dann setzte er sich in Raubtierhaltung vor die Tür und wartete, das jemand kam. Die Pfeife hing ihm aus dem Maul und er rauchte gemütlich weiter.